Neues und Interessantes zu Rotalgen im Süßwasseraquarium
In den letzten Jahren tauchen sporadisch immer wieder Fragen nach seltsamen unbekannten Bewohnern des Aquariums in verschiedenen Online-Foren auf. Anfänglich vermutete man, dass es sich um Wurzelreste von Pflanzen handelt, bis sich herausstellte, dass es Rotalgen sind.
Ob es sich bei den hier gezeigten Rotalgen um einheimische oder eventuell doch tropische und damit eingeschleppte Arten handelt, konnte noch nicht geklärt werden.
Die Mühlrad-Rotalge
Die Mühlrad-Rotalge Bangia atropurpurea dürfte im Aquarium noch zu den absoluten Raritäten gehören. Die Gattung besteht aus 8 Arten, von denen nur B. atropurpurea im Süßwasser lebt und die sieben anderen nur im Meer vorkommen. Die Wuchsgeschwindigkeit soll sehr hoch sein, was nur für wenige Rotalgen im Süßwasser gilt.
Batrachospermum sp.
Batrachospermum sp., eine Rotalge, die laut Literatur überwiegend in kühlen, sehr sauberen Gebirgsbächen vorkommt, gibt es (neuerdings?) auch in Warmwasseraquarien. Fast gleichzeitig tauchte jedoch eine weitere Rotalge in Aquarien auf: Thorea hispida (ramosissima)
Doch zunächst zu Batrachospermum. Dass sie auch in Warmwasseraquarien leben kann, beweist, dass Lebensraumbeschreibungen nicht verbindlich sein müssen. Kühle, sehr saubere Gebirgsbäche verbindet man normalerweise nicht gerade mit 25 °C warmen und in der Regel stark überbesetzten Aquarien.


Der deutsche Name "Froschlaichalge" rührt daher, dass sich die Algen glitschig anfühlen und die Astbüschel Ähnlichkeit mit Laichschnüren haben.

Zur Plage werden sich Batrachospermum sp. und Thorea sp. in den Aquarien kaum entwickeln. Sie sind mechanisch einfach zu entfernen.
Eine weitere „neue“ Süßwasser-Rotalge in unseren Aquarien
Wieder einmal wurde mir eine Rotalge aus Österreich geschickt – mit dem Verdacht, dass es sich um eine Batrachospermum sp. handeln könnte.
Zunächst lag dieser Verdacht nahe. Aber schon die ersten Nahaufnahmen ließen Zweifel aufkommen. Die typischen Quirle der Batrachospermum fehlen, es gibt einen dichten, ununterbrochenen Bewuchs von Zellfäden rund um den ca. 1 mm dicken Thallus.

Doch auch intensive Suche in der zur Verfügung stehenden Bestimmungsliteratur brachte kein greifbares Ergebnis. Die Exemplare standen dann ein paar Monate in einem Becher auf einem Schreibtisch am Ostfenster.

Durch Zufall fand ich in „AQUA PLANTA“ 4 – 2004 einen Bericht von Dr. Josef Bogner, Gersthofen, zu einer Süßwasser-Rotalge in einem Aquarium des Botanischen Gartens München mit einem Foto von B. Wallach. Das Bild zeigt ein ziemlich wirres Gestrüpp rotbrauner Zellfäden auf einer Wurzel im Aquarium – nicht gerade attraktiv, aber doch interessant.
Die Alge wurde laut Bogner nach Herbarbelegen der Botanischen Staatssammlung München identifiziert als Thorea ramosissima (Thoreaceae). Umfangreiche Recherchen im Internet brachten leider kaum verwertbares Bildmaterial, so dass vorerst nur der Gattungsname als relativ sicher gelten kann. Folgende Arten sind bekannt:
Thorea gaudichaudii
Thorea hispida
Thorea okaida
Thorea ramosissima Bory
Thorea riekei
Thorea violacea
Seit einiger Zeit wissen wir, dass T. ramosissima ein Synonym für T. hispida ist.
Das einzig brauchbare Bild findet man zu Thorea hispida: http://images.google.de/images?hl=de&q=Thorea+hispida

Inzwischen kam eine weitere Probe hier an. Nach der Entwicklung in meinem Aquarium zu urteilen, sind für kräftigen Wuchs schon recht ordentliche Mengen an Makronährstoffen notwendig. Diese Algen verhungern bei mir regelmäßig.

Bei diesem Thallus zeigen sich erste Zerfallserscheinungen, vermutlich durch sehr ungünstige Bedingungen in dem kleinen Aufbewahrungsgefäß.

Mikroskopisch sind verwandtschaftliche Beziehungen, aber auch deutliche Unterschiede zwischen Thorea und Batrachospermum zu erkennen.
Im Vergleich dazu ein frisch aus dem Aquarium entnommenes Fadenende im Phasenkontrast:
Bei der letzten Probe fanden sich einzelne Fäden der T. ramosissima, die mit einer anderen Rotalge, der altbekannten Pinselalge Rhodochorton, bewachsen war. Dass sich Diatomeen (Kieselalgen), Cyanobakterien ("Blaualgen") und teilweise Grünalgen auf anderen Algen ansiedeln, war mir bisher bekannt und konnte oft beobachtet werden. Rotalge auf Rotalge nahm ich allerdings hier erstmals wirklich bewusst wahr.
Besonderer Dank geht an die "Lieferanten" des Untersuchungsmaterials: Bernd Haider und Stephan Karlick (Österreich), sowie Eberhard Liebmann.
Caloglossa sp. - eine weitere Rotalge im Süßwasser-Aquarium
Die Überraschungen mit seltenen Rotalgen im Süßwasser reißen offensichtlich nicht ab. Man wundert sich fast nicht mehr über Thorea und Batrachospermum. Aber wenn dann urplötzlich eine Rotalge im Süßwasser auftaucht, die bisher nur im marinen Lebensraum oder wenigstens im Brackwasser vermutet wurde, wird es spannend.

Caloglossa sp. (vorläufige Bestimmung) wurde uns freundlicherweise von Thorsten Lampe aus Braunschweig zugeschickt. Sie soll in einem Aquarium mit weichem Wasser gewachsen sein. Da in der Literatur und bei Internet-Recherchen Caloglossa als Alge aus dem marinen Lebensraum genannt wird, ist dies schon sehr erstaunlich.

Im Detail betrachtet, ein kleines Kunstwerk der Natur.

Diese Aufnahme in 100-facher Vergrößerung zeigt die Basis einer Verzweigung.

Hier ein Thallus-Abschnitt, der aus einer Verzweigung weiter wächst.
Wir möchten versuchen, diese filigrane Schönheit unter verschiedenen Wasserverhältnissen weiter zu vermehren und so gegebenenfalls auch Hilfe anbieten zu können, wenn sie irgendwo einmal zum Problem werden sollte. Hinweise zur exakten Bestimmung würden uns sehr freuen..
Für weitere Zusendungen solcher und ähnlich aussehender Proben wäre ich sehr dankbar. Adresse findet sich im Impressum.